Das Projekt Kommune Inklusiv Schneverdingen endete am 30.06.2023, weswegen diese Projektwebsite seither nicht weiter aktualisiert wird. Die gute Nachricht: Die Arbeit für das Thema Teilhabe wird durch eine Kooperation mit der Stadt Schneverdingen und der Lebenshilfe Soltau e.V. weiter fortgeführt! Zu unseren neuen Kontaktdaten ►
Wie kann Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen gelingen?
Teilhabeeinschränkungen haben vielfältige Gesichter. Manche sind auch für Laien leicht zu erkennen. Mobilitätseinschränkungen etwa. Andere sind nahezu unsichtbar. Menschen mit psychischer Erkrankung stoßen häufig auf Barrieren, die nicht zu sehen sind.
Auch deshalb fand am 9. November 2022 ein Informationsabend zum Thema "Psychische Probleme erkennen und richtig reagieren" ► in Schneverdingen statt, organisiert vom Sozialpsychiatrischen Dienst und Kommune Inklusiv. Im Anschluss stellte uns eine Betroffene die Frage: "Und wie sieht es mit Inklusion von Menschen mit psychischen Erkrankungen aus?"
Wir freuen uns, dass wir angespochen wurden und reden miteinander. Und sind dankbar darüber, dass sich Menschen gefunden haben, die uns erklären, was es bedeutet, psychisch erkrankt zu sein. Und die mit uns Ideen entwickeln, wie Teilhabe möglich gemacht werden kann.
Es gibt weder schnelle noch einfache Lösungen. Aber wir lösen es nur, indem wir uns auf den Weg machen.
Ein erster Schritt ist es, die Menschen dafür zu sensibilisieren, was es bedeutet, mit einer psychischen Erkrankung zu leben. Denn um Teilhabe möglich zu machen, ist gegenseitiges Verständnis unverzichtbar. Nach einem Pressegespräch mit Janika Schönbach hat die Böhme-Zeitung den Artikel "Krank? Du doch nicht!" über Teilhabebarrieren von Menschen mit psychischer Erkrankung veröffentlicht. Erschienen ist er am 4. März 2023.
Möchtet ihr Teilhabe möglich machen? Dann meldet euch bei uns im Projektbüro ►
"Als wir vergangenes Jahr die Veranstaltung mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst geplant haben, hätten wir nie gedacht, was daraus wird. Wir freuen uns, dass wir gemeinsam Teilhabe für Menschen mit psychischen Erkrankungen ermöglichen wollen!"
Jessica Bleifuß
Wie eine gläserne Wand: Barrieren, die niemand sehen kann
Das Ziel von Kommune Inklusiv ist es, Barrieren abzubauen, um allen Menschen Teilhabe zu ermöglichen. Eine wichtige Rolle spielt dabei im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen die therapeutische Versorgung. Aber das ist nur ein Baustein von vielen.
Eine der ersten Fragen, die wir den Betroffenen gestellt haben, lautete deshalb: Auf welche Barrieren stoßt ihr im Alltag? Es war gar nicht so einfach, diese Barrieren zu benennen und die passenden Worte zu finden. Sie sind - so wurde es uns beschrieben, oft "wie eine gläserne Wand". Sie sind nicht zu sehen, aber stehen der Teilhabe doch im Weg.
Ein bedeutender Aspekt: Viel zu oft ist der Umgang von Nicht-Betroffenen mit Betroffenen geprägt von Unsicherheit. Umso wichtiger ist es, miteinander ins Gespräch zu kommen, um Unsicherheit und Vorurteile zu überwinden. Gegenseitiges Verständnis kann helfen, die Barrieren abzubauen. Diese gehören dazu:
Barriere 1: "Was machst du so?"
Auf diese Frage beim Kennenlernen erzählen wir oft von unserem Beruf, der Familie, dem Freundeskreis. Doch welche Antwort geben Menschen, die in der Folge ihrer psychischen Erkrankung ihren Beruf nicht ausüben können und große Teile ihres Umfeldes verloren haben? Die sich dafür schämen, nicht das Leben zu führen, dass andere erwarten - und sie selbst sich wünschen würden? Häufig ist die Folge, dass Betroffene Situationen meiden, in denen sie auf unbekannte Menschen treffen. Sie ziehen sich zurück.
Barriere 2: Hier kenne ich niemanden
Viele von uns kennen das: Sich neuen Situationen mit unbekannten Menschen aussetzen kostet Mut und Kraft. Manche Menschen können diese Energie nicht aufbringen, weil ihre Erkrankung so kraftzehrend ist. Eine große Hilfe kann es sein, abgeholt zu werden. Oder auch zu wissen, dass man auf einer Veranstaltung von einer Bekannten oder einem Freund erwartet wird.
Barriere 3: Schriftliche Informationen und Termindruck
Menschen mit psychischen Erkrankungen sind nicht dumm. Und auch nicht faul.
Trotzdem gibt es Zeiten, in denen sie es nicht schaffen, einen Brief zu lesen oder ein Formular auszufüllen. Die Konzentrationsfähigkeit ist oft stark eingeschränkt. Leider kann dies dramatische Folgen haben - den Verlust der Rente, von Sozialleistungen oder sogar der Wohnung.
Barriere 4: Finanzielle Mittel
Nicht selten geht mit einer psychischen Erkrankung vorübergehende oder andauernde Arbeitsunfähigkeit einher. Enge finanzielle Spielräume führen dazu, dass Betroffene von vielen Freizeitaktivitäten ausgeschlossen sind. Ein Teufelskreis - denn soziale Isolation verschlimmert die Krankheit häufig.
Verschärft wird dieses Problem, wenn ein nicht unerheblicher Teil der finanziellen Mittel für die Fahrt zur Therapie aufgewendet werden muss, weil es vor Ort zu wenige oder keine passenden Therapieplätze gibt.
Barriere 5: Zuverlässig sein müssen
Unzuverlässigkeit kann uns richtig nerven. Aber nicht immer steckt dahinter Ignoranz oder gar böse Absicht. Auch eine psychische Erkrankung kann Ursache dafür sein, dass übernommene Aufgaben nicht wie geplant erledigt werden, obwohl dies in einer anderen Krankheitsphase kein Problem wäre. Leider sind die Phasen nicht vorhersehbar. Damit umzugehen, fällt oft beiden Seiten schwer.
Barriere 6: Schwierigkeiten im Miteinander
Viele Menschen mit psychischen Erkrankungen haben in Folge ihrer Erkrankung und / oder der sozialen Isolation Beeinträchtigungen in ihrer sozialen Kompetenz. Häufig kommt es zu ungewollten Konlikten im Kreis der Kolleginnen und Kollegen, mit Menschen in der Nachbarschaft oder Freundinnen und Freunden. Hier fehlt es oft an Hilfen zur Konfliktlösung vor Ort.